Montag, 10. Oktober 2011

prepraszam

Hilflos habe ich gelächelt und in seine Augen geschaut. Erst auf den Stadtplan gedeutet und dann fragend die Schultern hochgezogen. Ihm das Geld für die Fahrkarte hingehalten. Er schüttelt den Kopf und ein unverständlicher Regen ergiesst sich über mich. Schaue ihn nochmals an. Halte die Münzen hin. Er schüttelt den Kopf, genervt, öffnet die Tür. Ich steige aus. Ziehe mir die grüne Mütze über den Kopf, wickle meinen Schal enger und gehe die Dreiviertelstunden zu Fuss.

Ohne Worte ist man von der Welt durch einen stummen Vorhang getrennt. Den Mund verschlossen mit unsichtbarem Klebeband. Die Strassen wimmeln von Sätzen. Doch ich höre nur Musik.

Guten Tag, sage ich. Denn dies habe ich gelernt. Guten Tag und ich deute auf das leere Feld wo die Briefmarke hingehört und dann auf die Adresse. Ja? Es folgt ein unverständliches Lied, doch ich kann der Melodie entnehmen, dass sie wissen möchte ob ich es schnell schicken will. Tak, sage ich, ja. Auch dieses Wort kenne ich. Sie hält mir einen Zettel hin, auf welchen sie den Preis geschrieben hat, weil sie gemerkt hat, dass ich nicht verstehe. Als ich die Marken in den Händen halte, strahle ich.

Ohne Worte ist es einsam. Wie in ein Vakuum eingewickelt nur mit sich selbst, obwohl da so viele Menschen sind. Und ich denke an all jene, welche in einem fremden Land ein neues Leben beginnen.

Wieso haben sie den verdammten Turm zu Babel gebaut, damals, frage ich mich selbst, denn sonst gibt es niemanden, den ich hätte fragen können. Und ich lächle über meine eigene Dummheit. Die Welt ist gross, sage ich zu mir. Auch wenn sie kleiner geworden ist.

Sprache ist das Kleid der Seele, denke ich, und Worte sind die Schuhe der Gedanken. Ohne Worte können sie nicht laufen und bleiben Gefangene des Gehirns. In diesem Land haben meine Gedanken keine Schuhe.

Ich höre dem Akkordeonspieler zu, der auf den Marktplatz mit seinen Lieder füllt. Ich schaue ihn an und lege einige Münzen in seinen Koffer. Ich klatsche Beifall und neige den Kopf. Ich lächle entschuldigend, weil ich keine Sätze besitze. Er lächelt zurück. Er versteht. Vielleicht.

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